Eine graue Katze putzt sich. Um sie herum sind getrocknete Blumen.

Tiere sind keine Geschenke!

[Diesen Text habe ich 2012 schon bei netleben.de veröffentlicht. Ich möchte ihn aber endlich auch hierher in die Sichtbarkeit holen. Das Thema ist alle Jahre wieder aktuell.]

Ich habe eben wirklich zufällig etwas wiedergefunden, an das ich in den letzten Tagen oft gedacht habe. Meine Deutsch-Rede aus dem Jahre 1986 zum Thema Tiere als Geschenke unter dem Weihnachtsbaum.

Es war kurz vor Weihnachten und als mein Kurs dazu verdonnert wurde, Reden zu schreiben und vor der versammelten Mannschaft vorzutragen, gab es einfach kein anderes Thema, welches mir in den Sinn kam. Weil es immer noch so passend ist, im folgenden der original Wortlaut (damals selbstverständlich noch in Schönschrift mit der Hand geschrieben)

Liebe Eltern,
liebe Tierfreunde,
liebe Zuhörer!

Es geht wieder einmal auf Weihnachten zu, draußen wird es kalt, die Tage werden kürzer. Vielleicht gibt es dieses Jahr wieder weiße Weihnachten. Diese Jahreszeit hat doch immer wieder etwas Besonderes. Vor allen Dingen für die Kinder ist Weihnachten immer wieder spannend, jedes Jahr sind sie auf’s Neue aufgeregt. Meist ist die Vorfreude groß. Angefangen mit dem Adventskalender, dann kommen die Adventssonntage, den Kindern wird ganz deutlich, wie der Heilige Abend Tag für Tag näher rückt. Schließlich steht der Tannenbaum festlich geschmückt im Zimmer. Und plötzlich ist es soweit! Alles wird feierlich, bei vielen wird gesungen, oder es werden Gedichte aufgesagt. Für sehr viele der Kinder liegt das Besondere an Weihnachten in den Geschenken, die sie unter dem Tannenbaum erwarten. Schon lange vorher haben sie den Wunschzettel an den Weihnachtsmann geschrieben. Natürlich hoffen sie alle, daß ihre Wünsche erfüllt werden. Und welche Eltern möchten, als Weihnachtsmann verkleidet, ihren Kindern diese Wünsche nicht erfüllen?

Nun kommt der entscheidende Punkt, meine große Bitte an sie alle, die diese Wunschzettel in den Händen halten und eine Auswahl über die Geschenke treffen. Sehr, sehr oft finden sich auf diesen Wunschzetteln auch Tiere. Lebende Tiere! Viele der Kinder wünschen sich einen Hund, eine Katze, einen Vogel oder einen Hamster, um nur einige zu nennen. Ich möchte damit ein Thema aufgreifen, auf das jedes Jahr wieder hingewiesen wird. Es ist aber auch nötig, denn da jedes Jahr Weihnachten ist, gibt es auch jedes Jahr Wunschzettel. Und jedes Jahr stehen Tiere darauf. Dieses ist jedoch nicht das Problem. Das Problem taucht erst auf, wenn Kindern diese Wünsche erfüllt werden. Denn auch hier ist es jedes Jahr das Gleiche. Die Kinder sind enttäuscht, wenn sie nicht das gewünschte Tier unter dem Tannenbaum finden, oder sie freuen sich, wenn eben dieses Tier da ist. 

Aber nun möchte ich sie bitten, einmal darüber nachzudenken, welche dieser beiden Möglichkeiten die bessere ist. Sicher, niemand mag sein Kind enttäuschen oder ihm wehtun, aber nur selten hält diese Enttäuschung lange an. Und … genauso wie diese Enttäuschung vergeht, vergeht meist leider auch die Freude und das Interesse am Tier. Es zeigt sich jedes Jahr wieder. Kurz nach Weihnachten werden die Tierheime besonders stark angelaufen. Viele der verschenkten Tiere sind bald nicht mehr erwünscht. Die Kinder haben kein Interesse mehr an ihrem Tier, Ihrem „Liebling“. Denn sie merken bald, daß auch Arbeit und Verpflichtung damit zusammenhängen.

Das Tier braucht Zeit, je nach Art mehr oder weniger. Der Hund muß regelmäßig raus, auch bei Regen und Kälte. Und er braucht, genau wie die Katze, viel Liebe und auch viel Zeit. Dem Kind wird damit eine Verantwortung übertragen, der es häufig noch nicht gewachsen ist. Sehr oft ist es überfordert. Und nur in wenigen Fällen ist die Mutter oder der Vater, oder vielleicht auch die Schwester oder der Bruder bereit, diese Verantwortung zu übernehmen. Schließlich wollten SIE das Tier ja gar nicht haben.

Oft kommt es dann noch zu Streit in den Familien. Wer füttert nun den Vogel, macht den Hamsterkäfig sauber, krault die Katze, spielt und geht „Gassi“ mit dem Hund? Zu Anfang ist es meist so, dass es am liebsten alle wollen, doch – wie gesagt – meist vergeht das alles schnell. Über kurz oder lang hat keiner mehr Lust, die Arbeit zu übernehmen, es gibt Streit.

Der Leidtragende ist am Ende das früher so herbeigesehnte und jetzt Zeit, Liebe und Verantwortung fordernde Tier. Für Hamster, Kaninchen und Vogel kommt meist noch jemand auf. Aber für die Katze und den Hund wird es wahrlich ein Hundeleben. Größtenteils landen sie da, wo einige von ihnen auch herkamen: im Tierheim. Sie werden so schnell vergessen, wie sie kamen. Wobei das Tierheim noch eine relativ harmlose Lösung ist. Denn viele Tiere werden einfach ausgesetzt oder auch ertränkt. Und ich bitte sie: Was kann das Tier dafür, dass die Menschen oft so unüberlegt und damit egoistisch handeln?

Denken sie daran: Das Tier kann sich nicht wehren! Es kann nicht sagen, was es fühlt! Es ist von uns Menschen abhängig und damit haben wir Menschen auch die Verantwortung. Wir sind Schuld an den Hunden, die uns im Tierheim mit großen, traurigen Augen anblicken. Nur wir können es verhindern. Wir alle!

Bitte denke sie nicht nur dieses Jahr zu Weihnachten darüber nach, ob sie ihren Kindern wirklich das so heiß gewünschte Tier schenken sollten. Denn wie gesagt, die Tiere sind die Leidtragenden und sie können sich nicht wehren. Bitte denken sie nicht nur an ihr Kind, sondern auch an das Tier. Denken sie darüber nach, ob ihr Kind dieser Verantwortung gewachsen ist und ihr dann auch wirklich GERNE nachkommt. Überlegen sie, ob sie ihrem Kind wirklich eine dauerhafte Freude machen.

Es gibt sicher Kinder, die es schaffen, aber das sind nur wenige. Ich bitte sie, denken sie an die Tiere, muten sie es ihnen nicht zu, ihr Leben im Tierheim verbringen zu müssen, oder womöglich noch ausgesetzt zu werden. Warten sie mit dem Tier schenken lieber noch, ob der Wunsch anhält! Dann kann man immer noch überlegen, ob man vielleicht ein Tier kauft, auch wenn es vielleicht jetzt auf dem Wunschzettel steht.

Ich schreibe einen Wunsch auf meinen Wunschzettel, den sie alle erfüllen können: Verschenken sie keine Tiere zu Weihnachten!

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