Eintrittskarten und Visitenkarte vor Springbrunnen am Agora-Fluß

Stippvisite: Frankfurter Buchmesse 2018

Unser Buchmesse-Versuch lief dieses Jahr nicht so ganz nach Plan. Was schon seltsam ist, weil wir ja ohne Plan hinfuhren. Aber hinfahren, umgucken und bleiben ist dann doch schon ein Grundgerüst. Außerdem hatte ich Last-Minute noch das eine oder andere entdeckt, wo ich hinwollte. Kai Meyer im Lesezelt zum Beispiel. Die Selfpublishing-Area. Mojoreads. Doch es kam ein wenig anders. 

Angefangen mit der Abfahrt. Da entschloss sich die Flasche mit der Apfelsaftschorle spontan, sich aus der Rucksacktasche zu stürzen und am Boden zu platzen. Sofort spritzte die Schorle in höchster Aufregung auf zwei Seiten weiträumig raus, mitten im Esszimmer. Statt Abfahrt also zunächst Großputz. Töchterchen schniefte reichlich erkältet vor sich hin, auch nicht die ideale Messe-Voraussetzung. Immerhin – die Fahrt verlief staufrei bis ins Parkhaus. Da gab es dann viele Minuten Stau, trotz unzähliger weithin sichtbarer freier Parkplätze. Als es endlich weiterging, offenbarte sich das Problem. Eine Gruppe junger Damen im SUV musste unbedingt in eine Parklücke zwischen Wand und einem Transporter hinein, in die der SUV nicht passen konnte. Nicht mit ausgeklappten Spiegeln. Die Dame am Steuer kurbelte und kurbelte, die anderen waren ausgestiegen, klappten Spiegel (auch beim Transporter) ein, diskutierten… Wir fuhren ca. fünf Meter weiter völlig kurbelfrei und ungehindert auf einen freien Parkplatz, umgeben von mindestens 30 weiteren freien Parkplätzen. Ob die Fahrerin des SUVs diesen schließlich noch in die Lücke bekam und vor allem, ob sie selbst irgendwie aus ihrem Auto aussteigen konnte, haben wir nicht weiter verfolgt, wir wollten ja Bücher gucken. 

Auch der Einlass in Halle 3 ging reibungslos, es war kurz nach 9 Uhr und noch sehr leer. Wir wollten mit Plan vorgehen, um nichts zu übersehen und begannen ganz links. Töchterchen blieb direkt am Glückrad des Schweizer Sternensand-Verlags hängen, drehte – und gewann einen 5,- Euro Gutschein. Sie vertiefte sich also in die Buchauswahl. Hätte sie auch ohne Gutschein getan. Erfreulicherweise hatte der Stand zwei Bereiche. Fantasy und Romance. So brauchten wir nur in einem suchen, sparten Zeit (wichtiger Faktor bei der Buchmesse), weil Romance nun wirklich nicht in unserem Interessen-Fokus liegt. Sehr praktisch und durchdacht. Praktisch auch die kleinen Lesezeichen, die es nahezu zu jedem Buch gab. Darauf abgedruckt auch die Inhaltsangabe. Das erleichtert im Nachhinein die Übersicht über die Auswahl. Töchterchen hatte direkt zwei Bücher in der engeren Wahl, um den Gutschein noch vor Ort einzulösen. Später, wenn wir uns weiter umgeguckt hatten. 

Sternensand-Glücksrad und Lesezeichen.

Das weitere Umgucken wurde nur wenige Meter weiter unterbrochen. Am Rand der Halle hatte das Projekt #fbmforall der TU Darmstadt seinen Platz. Studenten beschäftigen sich mit der Frage, wie die Buchmesse für alle Besucher, also auch die mit körperlichen Einschränkungen, nutzbar gemacht werden kann. Stichwort: barrierearm. Ein sehr wichtiges Thema, ich ärgere mich nur über die Rollkoffer, die ständig irgendwo im Weg stehen, aber manch andere können zum Beispiel mit ihren Rollstühlen nicht mal an die Stände und schon gar nicht an die Bücher ran. Das ist Thema für einen einzelnen Beitrag. Lange brachten wir hier zu und beteiligten uns gerne an der Umfrage, die wir aber zum Teil gar nicht beantworten konnten, wir waren schließlich dieses Jahr gerade erst angekommen. 

Stand des #fbmforall-Projekts

Ich fragte mich still, wo der wirklich großzügige Platz für dieses Projekt herkam. Was fehlte in der Halle 3? Auch der Selfpublishing-Bereich erschien mir dieses Jahr mehr Raum in der Halle einzunehmen (den Teil mit den Büchern fand mir dabei leider sehr unübersichtlich). Erst im weiteren Durchlaufen ahnte ich es. Die Zahl der ausstellenden kleinen Verlage scheint deutlich abgenommen zu haben. Ich freute mich, Torben Kuhlmanns Lindbergh als zweisprachiges Buch zu entdecken, deutsch-französisch. Armstrong wäre mir allerdings lieber gewesen, denn das Buch haben wir noch nicht.  Nur ein kurzer Blick, ein erfreutes „Guck mal Mama!“ und weiter. Erstmal einen Überblick verschaffen, dann im zweiten Durchgang… Wir strandeten für ein kurzes Gespräch im noch verhaltenen Messetrubel bei Dorothea Flechsig vom Glückschuh-Verlag und Töchterchen bekam die bezaubernden Aurelia-Bücher geschenkt. Egal, dass sie viel zu alt dafür ist, die werden jetzt kleineren Kindern vorgelesen. 

Cover der Aurelia Bücher von Dorothea Flechsig.

Beim Südpol-Verlag erfreute uns kurz die Entdeckung, dass es dort zunehmend auch Bücher für etwas Ältere, sprich Jugendliche ins Programm schaffen. Jaguarkrieger landete dann auch sofort auf der Wunschliste. Am Tulipan-Verlag gab es nur einen wehmütigen Blick, die Reihe der „Schwarzen Pfote“ ist leider auch passé für uns. Ich dachte still für mich, dass mir einige dieser kleinen und mittleren Verlage im Laufe der Kinderbuchjahre ziemlich ans Herz gewachsen sind und es ein wenig wehtut, dort keine Bücher mehr kaufen zu können. Ich gebe mein Geld nunmal lieber dorthin, statt zu den großen Verlagen, die auch die gesamte Halle 3 dominieren, deren Stände sich über so eine große Fläche erstrecken, dass andere, die nicht so groß im Geschäft sind, im wahrsten Sinne des Wortes an den Rand gedrängt und viel zu oft übersehen werden. 

Ich wurde an einem Stand mit Aquarell-Farben abgefangen, deren Stifte ich ausprobieren mußte, die es dort angeblich zum Messepreis günstiger gab, die mich tatsächlich in ihrer Handhabung begeisterten. Ich ging dennoch (zunächst) ohne Kauf weiter. Denn auch der Messepreis war noch happig und mir fiel keine ernsthafte Verwendung ein, ich bin doch mehr der Blei- und Bunstiftzeichner. 

Was mir aber in diesen Reihen sehr unangenehm auffiel war, wie oft wir regelrecht aufdringlich angesprochen wurden. Angesprungen eher. Überfallartig. Ansprechen, gerne, kommt mir, die ich selbst keinen Gesprächsbeginn hinbekomme, oft entgegen, aber die Art macht es dann doch. Nein, ich wollte kein SZ-Abo abschließen, keine was-weiß-ich-Erleuchtungen bekommen, auch keine kostenlose (haha) Ausgabe irgendeiner Zeitschrift, die die Themen für Eltern und Kinder abbildet, auch, wenn ich die Idee dahinter durchaus interessant finde. Aber nein, die Mitarbeiter waren mir allesamt zu penetrant. Sie lösten bei mir deutlich mehr den Fluchtinstinkt und Abwehr aus, denn den Wunsch, mir ihr Produkt näher anzugucken. 

So gingen wir durch die Halle 3, Töchterchen las Buchrücken nach Buchrücken, ich fotografierte die interessanten Bücher für die Wunschliste, überlegte, was mir dieses Jahr so auffällt. Die Titel der Jugendbücher waren es dann. Der Trend zu englischen Titeln ist eindeutig. Letztes Jahr gab es da schon einige, „The Hate U Give“, „Mind Games“, „Boy in a White Room“ zum Beispiel. Dieses Jahr fanden sich gefühlt bei jedem Verlag gleich mehrere. „Wild Horse Valley“, „White Maze“, „Dark Noise“, „War Cross“, Dreamkeeper“, „City of Thieves“, „One Of Us Is Lying“ etc. Lustig war dann der Buchumschlag, der nur ein Dummy war und nur mit Blindtext versehen. Denn der zweite Band war noch gar nicht erschienen, sollte aber schonmal präsentiert werden. Ich fragte mich, ob der wohl an den Besuchertagen auch noch dort stand?

Cover „Ein komischer Vogel“.Bei Ueberreuther verliebte ich mich spontan in ein Bilderbuch: „Ein komischer Vogel“ und wurde wieder leicht melancholisch, als ich an die Zeit der gemütlichen Vorlesestunden mit der Lütten im Arm zurückdachte. So viele wunderschöne Bücher, die wir in den letzten Jahren nicht mehr gelesen und betrachtet haben. Bei Loewe fiel mir die Reihe „Mission History“ (auch wieder: englischer Titel) ins Auge. Krimis zum Mitraten, die nebenbei Geschichte vermitteln. 

Verkaufsständer mit diversen Ausgaben der Mission-History-Reihe.

Schließlich machten wir Pause auf der Agora, bei herrlichstem Sommerwetter mitten im Oktober. Kurz etwas essen, durchatmen. Etwas besorgt betrachtete ich meine Tochter, die nicht mehr ganz so übersprühte, wie ich es bei der Buchmesse von ihr gewohnt bin. Mein Vorschlag, später ins Lesezelt zu gehen, stieß nicht mal mehr auf ein „Wenn du willst?“. Wir begaben uns wieder in die Halle 3. Ich bewunderte die Menschen, die sich geduldig in meterlange Schlangen stellten, um sich Bücher signieren zu lassen. Teilweise wurde es schwierig, da überhaupt noch durchzukommen. Dann ging es relativ schnell. Töchterchens Erkältung wurde sehr aufdringlich. Ich vergaß alles, was mich noch interessiert hatte. Kosmos, Ravensburger, die Sachbücher wurden nicht mal mehr eines Blickes gewürdigt. Auch Spiele, die sonst immer begutachtet wurden, bedachten wir nur noch mit Ignoranz. Aber einen Abstecher zum Stand des Jugendbuchpreises schafften wir noch.

Notlügen ziehen am Automat bei Mixtvision.Bei Mixtvision zogen wir uns noch Notlügen aus dem Automaten, eine verloren wir direkt wieder. Ich wollte noch einen Blick in den zweiten Teil von Mr Griswolds Bücherjagd werfen, direkt davor fand aber gerade irgendetwas statt. Es war das letzte, was wir dieses Jahr auf der Buchmesse taten. Die Erkältung zwang uns mit Kopfschmerzen und Fieber zur Aufgabe. Wir brachen unseren Besuch ab, es war noch nicht mal 15 Uhr. Dennoch hatten es bis zu diesem Zeitpunkt bereits gut 70 Bücher auf die Wunschliste geschafft, was mich später zu einem Tweet veranlaßte: 

Tweet zur Buchmesse.

Der Gutschein von Sternensand wurde nicht mehr eingelöst, Lindbergh nicht mehr auf französisch gelesen, keine Lesungen besucht, die Selfpublishing-Area blieb unerkundet, eine Stifte-Kaufentscheidung musste ich auch nicht mehr treffen, manch einen Stand erreichten wir gar nicht mehr. Schade. Dass wir auf der Rückfahrt zu 90% im Stau standen, paßte da eigentlich hervorragend als Abschluß ins Bild. Dennoch: Es war ein schöner Tag zwischen all den Büchern bei der Frankfurter Buchmesse 2018.

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