Hannes Jaenicke schreibt über Helden. Beziehungsweise darüber, dass wir dringend wieder welche brauchen. Und damit meint er nicht die „Helden“ von DSDS, Supertalent oder sonstigen Fernsehshows. Sondern Helden, die ihr Ding im Kleinen tun, ohne groß drüber zu reden, ohne berühmt werden zu wollen.
Dabei greift er in „Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche“ aber den Herdentrieb auf, dass man heutzutage nur noch dem Mainstream hinterher läuft. Sich bestenfalls durch große Stars inspirieren lässt. Schlimmstenfalls von Georgia-Virginia als neuestes deutsches Topmodel. Sich wirklich selbst engagieren? Ach, guck, der Thomas Schneidereit, der diesjährige The Voice Gewinner hat ein SOS-Kinderdorf besucht, wie nett.
Er stellt die Frage, ob man Held sein möchte oder Herdentier, bzw. was für Vorbilder wir heute noch haben. Hannes Jaenicke nennt einige aus seiner persönlichen Sicht. Die Oma oder Götz George. Die Frage, ob wir in Deutschland noch Vorbilder haben, bleibt offen, wenn wir sämtliche Show- und Sportgrößen mal raus rechnen.
Auch das Thema Neid und Missgunst greift er auf, warum wir anderen den Erfolg neiden. Immer wieder kommt er dabei auch auf das Thema Fernsehen und die x-beliebigen Casting-Shows. Und spricht dabei sehr deutliche Worte. Was in dem Fazit endet: Stop making stupid people famous.
Wie wird man aber nun ein Held? Hannes Jaenicke nennt einige Beispiele. Von dem einem oder anderen mag man vielleicht sogar schon mal was gehört haben. Von anderen nicht. Jeder hat seine eigene Geschichte. Wie der Toningenieur, der plötzlich wegen eines Zeitungsberichtes über Bienensterben zum Imker wurde. Viel mehr Beispiele möchte ich hier gar nicht nennen.
Hannes Jaenicke zeigt dabei auf, dass es manchmal gar nicht so viel Bedarf ein Held zu sein. Oftmals sind es die Kleinigkeiten. Sei es der Einkaufs-Fahrservice für die Rentner im gleichen Haus. Oder wie der Tesla-Fahrer, der lieber sein Auto riskiert, als das eine größere Katastrophe passiert. Oder, oder, oder.
Hannes Jaenicke schreibt, wie er spricht. Frei nach Schnauze. Das liest sich nicht nur gut, sondern macht auch sympathisch. Ja, er wettert ganz gewaltig gegen das Jammer-Deutschland (zu Recht) und dass viel zu viele unwichtige Personen zu Möchtegern-Stars gemacht werden. Um denen dann den Erfolg zu neiden.
Dass Quertreiben gar nicht weh tut und oftmals gar nicht so schwer ist, wird an den vielen kleinen Beispielen deutlich. Und dass man manchmal mit kleinen Dingen Großes erreichen kann. Ohne berühmt zu werden. Und trotzdem ein Held ist. Letztlich Mensch sein.
Das Buch endet mit einer wundervollen Anekdote, die verdeutlicht, dass selbst Kleinigkeiten was bewirken. Und wenn es nur bei einem oder nur wenigen Menschen ist.
Es hat Spaß gemacht, das Buch zu lesen, auch wenn ich lange für diese Rezension gebraucht habe. Hannes Jaenicke packt schon viel auf die 185 Seiten, die dieses Buch hat. Es ist sehr komprimiert und auf den Punkt gebracht. Das noch in eine Rezension zu packen, ohne zu viel zu verraten, ist nicht einfach. Sicherlich kann man noch über den Schreibstil schreiben, aber wer Hannes Jaenicke einmal in einer Talkshow so richtig in Fahrt gesehen hat, der kann es sich gut vorstellen, wie es geschrieben ist. Es ist auf den Punkt gebracht, man fühlt sich selbst so einige Male ertappt, ist aber, trotz der zuweilen deutlichen Wortwahl nicht beleidigt oder fühlt sich angegriffen.
Und genau das ist es, was das Buch ausmacht. Man greift sich mal an die eigene Nase und bekommt doch so den einen oder anderen Denkanstoß. Denn, um ein Mensch zu sein, bedarf es wenig.
Fazit:
Das Buch macht Spaß zu lesen, es ist ein sehr unterhaltsames Sachbuch. Hannes Jaenicke rechnet mit der heutigen Gesellschaft ab ohne sie zu verteufeln. Er zeigt aber, dass es an wirklichen, großen Helden fehlt. Denen, die einem als wirkliches Vorbild dienen. Nicht die C-Promis, sondern der Taxifahrer von nebenan, aber auch tatsächlich so harte Knochen wie Götz George, die auch mal rumpöbeln. Dass es aber auch keine wirklich großen Helden mehr gibt. Womit wir wieder dabei wären: Wer sind denn wirkliche Vorbilder? Diese Frage bleibt einem nach dem Lesen im Kopf. Mir sind welche eingefallen. Aber das sind alles „kleine” Helden. Niemand, der im Rampenlicht steht. Die sind mittlerweile alle tot. Es bleiben Vorbilder, aber eben keine lebenden mehr.
So regt das Buch zum Nachdenken an. Über seine eigenen Vorbilder und Helden, aber auch, wie man selber im Kleinen was machen kann. „Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche“ aus dem Gütersloher Verlagshaus ist auf jeden Fall eine Empfehlung.
Hannes Jaenicke
Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche
Gütersloher Verlagshaus
192 Seiten, 19,99€
ISBN: 978-3579086682