Kategorie: Krimis

Hörbuch-Junkie

Eine Reihe von Hörbuch-CDs

Keine Zeit zum Lesen, keine Ruhe zum Lesen. So war es bei mir jetzt eine lange Zeit. Gleichzeitig brauchte ich aber auch etwas, was meinen Kopf ablenkte, oder was den Lärm von außen übertönte. Manchmal auch den inneren Lärm. So wurde ich zum Hörbuch-Junkie. In Zeiten von Audible, Spotify, Apple Music und Co. ist es erschreckend einfach und billig ein Hörbuch nach dem anderen zu „verschlingen“. Bei mir läuft es dann über Audible und Apple Music. Vor allem bei letzteren hört da auch immer ein Stück schlechtes Gewissen mit. Das gilt aber nicht nur für Hörbücher, sondern für das gesamte Streaming-Angebot. Das aber ist ein anderes Grundsatzthema.

Ich habe in dieser Zeit einiges für mich festgestellt. Vor allem, dass ich bei weitem nicht jedes Buch als Hörbuch hören möchte. Das geht nur mit bestimmten Inhalten. Krimis, Thriller, leichte Kost. Sobald es mir wirklich auf den Inhalt ankommt, die Handlung komplexer ist, oder auch einfach ein Buch, welches mir wirklich wichtig ist, dann nehme ich es nicht als Hörbuch. „Die Geschichte der Bienen“ oder auch Haruki Murakami, um nur zwei Beispiele zu nennen, gehen als Hörbücher für mich gar nicht.  Ausnahme: Auf einer langen Autofahrt, auf der ich lange und so gesehen konzentriert zuhören kann, gibt es auch Hörbücher mit etwas mehr „Anspruch“.

Noch ein Grund für’s „selber lesen“: Ein Buch, welches ich selbst lese, habe ich für mich. Es ist still, die Geräusche, die Welt, die entsteht nur in meinem Kopf. Durch Buchstaben, die zu Worten werden. Ein Hörbuch ist immer laut, mit Kopfhörern nur in meinen Ohren, ohne auch im Raum um mich rum. Die Lesung bestimmt viel von dem, wie der Inhalt auf mich wirkt. Es ist viel weniger intim. Und einige Bücher möchte ich nur so lesen, wie sie sich in mir allein entwickeln. Wenn ich sie lese, gehören sie in dem Moment nur mir. Beim Hören muss ich sie mindestens mit dem/ der Sprecher*in teilen und mir viel von ihr oder ihm vorgeben lassen. Tempo, Betonung, Stimmung.

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Martha Grimes: Die Frau im Pelzmantel

Inspektor Jury ist wieder unterwegs. Inspektor? Nein, das sollte man ihn besser nicht hören lassen, schließlich ist er Superintendent bei Scotland Yard. Auch wenn die meisten ihn halt mit Inspektor anreden. Ein Mann im besten Alter und mit sehr charakteristischen Bekannten und Freunden. Zum einen sind da seine Nachbarn in London, die alte Mrs Wasserman, die ihm die Wäsche macht, aber unter Verfolgungswahn leidet und froh ist jemanden von Scotland Yard im Haus zu haben. Unter ihm wohnt Carol-Anne, bildschön und doch ziemlich merkwürdig. Eifersüchtig auf jedes weibliche Wesen (mit Ausnahme von Mrs Wasserman) in Jurys Nähe, und immer mit Ratschlägen für ihn da. Dann ist da noch Stone, der Hund des neuesten Mieters im Haus, der aber ein brillianter Musiker und damit meistens auf Tour ist. Also ist Stone ein wichtigerer Bestandteil des Hauses als sein Besitzer.
Jurys bester Freund ist Melrose Plant, Ex-Earl of Counterness, -Lord Ardry und ich weiß nicht was noch. Seine diversen Adelstitel hat er bereits vor Jahren abgelegt, kramt zu passenden Gelegenheiten aber doch wieder die entsprechenden Visitenkarten hervor. Plant wohnt in Northants einem beschaulichen Dörfchen in dem allerlei verschrobene Personen wohnen. Allen voran seine angeheiratete amerikanische Tante Agatha, die es ihm nie verziehen hat, daß er seine Titel abgelegt hat und sie die nun nicht mehr erben kann. Agatha kann man mit wenigen Worten beschreiben: Klatschtante und Nervensäge. Marshall Trueblood der schrillgekleidete Antiquitätenhändler von Northhants spielt auch immer die eine oder andere kleine Rolle in Martha Grimes Jury-Romanen, genau wie Diane Demorney, die sich in „die Frau im Pelzmantel“ auf’s Horoskope-schreiben verlegt hat. Somit gibt es in einer angesehenen Zeitung jetzt immer ganz persönliche Horoskope für ihre Bekannten… Die haben zwar nichts mit dem Stand der Sterne zu tun, aber Diane trifft doch manches Mal ins Schwarze.
Ganz wichtig ist auch in „Die Frau im Pelzmantel“ Jury’s Kollege Seargent Wiggins, ein chronischer Hypochonder, der immer eine lange Reihe diverser Heilmittelchen mit sich herumträgt. Jury schüttelt im Stillen häufig den Kopfüber seinen Mitarbeiter, weiß aber seine Qualitäten bei den Ermittlungen durchaus zu schätzen und möchte nicht auf ihn verzichten. Entlockt er den Befragten durch seine menschliche Art doch so manches Detail, die ein „normaler“ Polizist niemals erfahren hätte.
Warum ich hier erstmal die Personen beschreibe? Dazu sei gesagt, ich habe bei weitem nicht alle erwähnt, die in den Jury-Krimis von Martha Grimes eine Rolle spielen. Eigentlich nur die, (okay Mrs Wasserman und Tante Agatha sind diesesmal eher unwesentlich) die im 15. Fall von Jury, Wiggins und Melrose Plant eine wichtigere Rolle spielen. Jeder dieser Charaktere hat seine wichtigen Eigenarten, die teilweise einfach zum Schreien komisch sind. Ich frage mich jedes Mal, wie eine Amerikanerin die englischen Eigenheiten so herrlich beschreiben kann. Um so ein gutes Bild von England und seinen Bewohnern mit so hervorragendem englischen Humor abzuliefern, muß man eigentlich da aufgewachsen sein. Aber vielleicht macht auch grad das Nicht-Engländer sein viel von dem Charme der Jury-Romane aus.
Auch in „Die Frau im Pelzmantel“ hat man wieder viel zu schmunzeln, wenn diesmal auch die gewohnte Spannung ein wenig fehlt. Hier liegt der Schwerpunkt wohl wirklich eher auf der Beschreibung der Engländer und ihrer Eigenheiten. Jury fährt eines Sonntags Abends ganz im Gegensatz zu seinen sonstigen Gewohnheiten mit dem Bus durch London. Dabei begegnet er im Bus einer wunderschönen blonden Frau in einem auffälligen Pelzmantel. Sie steigt ein, setzt sich vor ihn, er kann sie intensiv betrachten. Schließlich steigt sie wieder aus, der bus steckt im Verkehr fest, und sie steigt zwei Stationen später wieder ein. Magisch angezogen, folgt Jury ihr, als sie in Fulham aussteigt. Er geht ihr hinterher, als sie den Fulham Park (eines der bestgehütetsten Geheimnisse Londons) betritt bleibt er jedoch stehen, die Lächerlichkeit seines Handelns wird ihm bewußt.
Am nächsten Tag liest er in der Zeitung, daß in eben diesem Park eine Frau mit Pelzmantel ermordet wurde. Natürlich ruft er Inspektor Chilton von der Fulhamer Polizei an und schaltet sich in die Ermittlungen ein. Und muß feststellen, daß die Leiche nicht die Frau im Pelzmantel ist, die er im Bus gesehen hat. Die Ermittlungen führen über den außergewöhnlichen Zobelmantel zu einer bekannten Galeristen-Familie, den Fabricants. Hier ist es Zeit, den Mann von Adel, Melrose Plant einzuschalten. Er soll mit seinem schier unerschöpflichen Geld ein Bild des Freundes von Nicholas Fabricant erwerben. Melrose, der eigentlich keine Ahnung von Kunst hat, fährt nach London, und ist entsetzt: Ralph Robson, der Maler hat eine Serie vollkommen weißer Bilder gemalt. Davon soll er eins kaufen, nur um sich bei der Familie einzuschmeicheln? Nun gut, mit Hilfe diverser Floskeln und intensivem Unterdrücken seiner wahren Gedanken kauft er eines der Bilder und wird bei der Familie zum Essen eingeladen. Interessanterweise findet er in der Galerie auch Bilder von Bea Slocum, mit der sie es in einem früheren Fall zu tun hatten. Diese Bilder sind in der Tat brilliant und Melrose kauft auch zwei von Ihnen. Natürlich muß auch Bea bei den Ermittlungen mithelfen.
Ein verzwickter Fall für Superintendent Jury (warum ist auf den Covern der Bücher eigentlich immer noch von „Inspektor“ die Rede?) und seine Freunde. Eine Tote, die gar keine ist, die Londoner Kunstszene mit einer exzentrischen Familie, ein Kunstkritiker und vor allem ein teurer Mantel. Wer ist wer und wer spielt welche Rolle? Was hat es mit der Frau im Zobel auf sich. Schließlich entdeckt Jury die Frau lebenderweise eines Tages wieder, wobei sie steif und fest behauptet, nicht die zu sein, für die er sie hält. Verwirrend, so sehr, daß Jury anfängt selbst zu glauben, doch die Tote im Bus gesehen zu haben. Einen entscheidenden Hinweis liefert schließlich die Kellnerin in der Bar „The Stargazey“ (Titel der englischen Originalausgabe)…
Martha Grimes schafft es mal wieder mit köstlichem englischem Humor die Engländer zu beschreiben. Melrose zieht in London in einen alteingesessenen Herrenclub, dessen Aufmachung und Gäste einfach zum Lachen sind. Herrlich in die Handlung eingebunden wird hier die gediegene, reiche Londoner Gesellschaft auf die Schippe genommen. Und das macht eigentlich diesen „Inspektor Jury Roman“ aus. „Die Frau im Pelzmantel“ besticht nicht so sehr durch die von der Amerikanerin Martha Grimes gewohnte Spannung, sondern mehr durch die subtile treffende Art der Darstellung der Figuren und ihrer Umgebung.
Auch wenn man noch keinen Jury-Krimi gelesen hat, ist der 15. Roman der Reihe für jeden verständlich. Die auftauchenden Figuren werden im Laufe des Buches näher erklärt. Bei der Ersterwähnung bleiben allerdings noch ein paar Fragen offen. Wiggins, Bea Slocum, Melrose, Trueblood, Agatha, Miss Cripps – alles Namen die eingefleischten Jury Fans durchaus geläufig sind, aber auch Neulesern schnell vertraut werden. Die Charakteristika werden schnell deutlich. Das Grinsen dürfte sich keiner verkneifen können, wenn Theo Wrenn Browne versucht die örtliche Bücherei kaupttzumachen und schließlich von Melrose und Marshall Trueblood ausgetrickst wird. Wirklich, diese Amerikanerin schafft es bestens den englischen Lebensstil wiederzugeben.
Auch wenn „Die Frau im Pelzmantel“ nicht der spannendste Jury-Roman ist, empfehlenswert ist er allemal. Treffend beschriebene englische Szenen, mit herrlich komischen Figuren, die sich selbst auf die Schippe nehmen. Ein feiner englischer Humor, eingebettet in einen Kriminalroman. Für Fans von Martha Grimes ein Muß, für Neueinsteiger sicherlich auch geeignet.

Die Frau im PelzmantelInspektor Jury ist wieder unterwegs. Inspektor? Nein, das sollte man ihn besser nicht hören lassen, schließlich ist er Superintendent bei Scotland Yard. Auch wenn die meisten ihn halt mit Inspektor anreden. Ein Mann im besten Alter und mit sehr charakteristischen Bekannten und Freunden. Zum einen sind da seine Nachbarn in London, die alte Mrs Wasserman, die ihm die Wäsche macht, aber unter Verfolgungswahn leidet und froh ist jemanden von Scotland Yard im Haus zu haben. Unter ihm wohnt Carol-Anne, bildschön und doch ziemlich merkwürdig. Eifersüchtig auf jedes weibliche Wesen (mit Ausnahme von Mrs Wasserman) in Jurys Nähe, und immer mit Ratschlägen für ihn da. Dann ist da noch Stone, der Hund des neuesten Mieters im Haus, der aber ein brillianter Musiker und damit meistens auf Tour ist. Also ist Stone ein wichtigerer Bestandteil des Hauses als sein Besitzer.

Jurys bester Freund ist Melrose Plant, Ex-Earl of Counterness, -Lord Ardry und ich weiß nicht was noch. Seine diversen Adelstitel hat er bereits vor Jahren abgelegt, kramt zu passenden Gelegenheiten aber doch wieder die entsprechenden Visitenkarten hervor. Plant wohnt in Northants einem beschaulichen Dörfchen in dem allerlei verschrobene Personen wohnen. Allen voran seine angeheiratete amerikanische Tante Agatha, die es ihm nie verziehen hat, daß er seine Titel abgelegt hat und sie die nun nicht mehr erben kann.

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E. George: Undank ist der Väter Lohn

Auch in diesem Roman von Elizabeth George spielen wieder Inspector Thomas Lynley und Sergeant Barbara Havers die Hauptrollen. Wer die beiden kennt wird hier überrascht feststellen müssen, daß von der bewährten Teamarbeit nichts mehr übrig ist.

Für alle anderen hier eine kurze Einführung. Lynley und Havers wurden in dem ersten Krimi der Reihe von Elizabeth George zu Partnern. Lynley ist von Haus aus gut situiert, braucht sich keine Gedanken ums Geld zu machen, sieht gut aus und ist brilliant. Havers hingegen kommt aus ärmlichen Verhältnissen, ist dick und immer ungeschickt gekleidet, fühlt sich im Grunde in ihrer eigenen Haut nicht richtig wohl. Dafür gibt sie aber oft aus dem Bauch heraus die richtigen Hinweise. Dieses ungleiche Paar muß sich nun zusammenraufen. In den Krimis geht es bei weitem nicht nur um die Fälle der beiden, sondern auch um ihre Beziehung zueinander, ihr Privatleben, ihre Probleme, Sorgen und Hoffnungen.

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