Vorstellungsende Störtebeker Festspiele 2018

Ausflugstipp: Störtebeker Festspiele Rügen (2018)

Töchterchen und ich verbrachten ein paar Tage auf Rügen und mich reizte ein Besuch der Störtebeker Festspiele in Ralswiek. Als Hamburgerin sind mir die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg natürlich bekannt, ich erwartete für die Störtebeker-Festspiele ein ähnliches Konzept. Womit ich auch ein wenig skeptisch war, denn schließlich geht es bei diesen Legenden und Abenteuergeschichten auch immer um Knalleffekte. Pyrotechnik. Krach. Für uns eher abschreckend. Dennoch  – ich wollte dahin. Die Kulisse vor dem Jasmunder Bodden sehen. Die Atmosphäre spüren. „Der Ruf der Freiheit“ heißt das Stück der diesjährigen, mittlerweile 26. Saison. 

Störtebeker Festspiele: Blick auf die Bühne vor Beginn der Show.Wir bekamen noch ziemlich gute Karten in Reihe 21, was, wie sich rausstellte, absolut vertretbar war in der Entfernung zur Bühne. Von unserer Ferienwohnung in Glowe aus bot sich letztlich nur die Anfahrt mit dem Auto an. Wir fuhren sehr rechtzeitig los, rechnete ich doch mit einem reichlich erhöhten Verkehrsaufkommen. So waren wir schon kurz nach 18 Uhr am Parkplatz an der B96, ohne Stau. Zur Naturbühne fuhren wir mit der Bimmelbahn, wir waren den Tag schon zu viel gelaufen, um nochmal 1,7km Fußweg ranzuhängen. Eine gemütliche Fahrt, wir kamen entspannt an (der Fahrer brach die interne Beschallung zum Glück unterwegs ab). 

Ich hatte die Karten vorher online bestellt und bezahlt, wir mußten sie nur abholen, was an leeren Ticketschaltern mit dem per Mail zugesandten QR-Code absolut problemlos verlief. Die Vorstellung sollte um 20 Uhr, also noch bei vollem Tageslicht beginnen. Wir gingen zur Bühne, wo gerade stilecht mit einem von zwei Pferden gezogenen „Pflug“ der Boden für die Vorstellung aufbereitet wurde. Ein paar Leute saßen schon auf ihren Plastik-Klappplätzen in den Reihen. 
Die Kulisse vor dem Bodden hielt, was ich mir erhofft hatte. Das macht was her, dann noch die Schiffe, die auch im Stück natürlich dazugehören. Ein Hauch von Freiheit und Abenteuer, alleine durch die Lage. 

Klaus Störtebeker reitet auf seinem Friesen ein.Die Vorstellung begann sehr pünktlich. Klaus Störtebeker ritt im Nebel zu einem Erzähler aus dem Off auf einem Esel ein? Esel? Störtebeker? Sagen wir es so: Das Publikum konnte gleich mit einem Lacher in die Geschichte einsteigen. Geschickt konzipiert. Den Ralswieker Festspielen kommt zu Gute, dass über Klaus Störtebeker und sein Leben relativ wenige Fakten und umso mehr Legenden bekannt sind. So können ganz frei Geschichten um die wenigen bekannten Dinge gesponnen werden. Klaus Störtebeker, gespielt von Alexander Koll, heißt hier zunächst Klaus von Alkun und verließ das Gut seiner Familie vor Jahren, um andere Erfahrungen zu sammeln. Das tat er reichlich und als er zurückkehrt, bringt er seinen Weggefährten Aydan (Frank Richartz) mit. Doch seine Familie ist mittlerweile verarmt und das verfallende Gut droht an die machtgierigen Geschwister Dorothea und Rüdiger von Aschenbach (Nikola Ruf und Mike Hermann Rader) zu fallen. Rivalitäten um Besitz und um die Liebe zu Selma (Sina Valeska Jung) sind zentrale Handlungselemente. Ich persönlich fand nebenbei auch auch Karin Hartmann als Martha und Frida klasse. Gödecke Michels (Alexander Hanfland) ist dabei, wie Störtebeker zu seinem Namen gekommen sein könnte wird genau wie der Beginn einer Freundschaft der beiden Piraten in die Geschichte eingebracht. Der Handlung fehlt keine der klassischen Zutaten. Geld, Macht, Liebe, Intrigen und immer wieder eine Prise historische Fakten… Wirklich gut zusammengemixt. Auch was die anderen Zutaten für solche Art von Festspielen betraf, wurden meine Erwartungen erfüllt. Pferde, der obligatorische Greifvogel, Knalleffekte, Pyrotechnik, Stunts. 

Wir wurden von Beginn an in das Stück und seine Handlung mitgenommen, die Schauspieler waren durch die Bank mit vollem Herzblut dabei und verstanden es, das Publikum zu begeistern, zu erheitern und auch mitleben zu lassen. Besonders Volker Zack als „der Kleene“ hatte seiner Rolle entsprechend die Lacher auf seiner Seite. Ob es allerdings Wolfgang Lippert als Minnesänger gebraucht hätte? Ja, die musikalische Auflockerung des Theaters, okay. Außerdem hat auch Lippert einen gewissen Kultstatus. Nur war er nicht direkt in die Handlung integriert, diese wurde dadurch eher unterbrochen, ihr der Schwung genommen.
Bei Szenenwechseln wurde immer wieder per Erzähler der Bezug zur Historie hergestellt. Die fiktive Geschichte erhielt dadurch immer wieder den Hauch der Frage, was davon vielleicht wirklich so war. 

Störtebeker Festspiele: brennendes Schiff

Pferde sind wesentlicher Bestandteil des Stücks, auch wenn sie häufig nur mal kurz über die Bühne galoppieren. Schiffe fahren immer wieder mal im Hintergrund auf dem Bodden vorbei, dienen vor allem als Bühne für Kanonenschläge und Pyrotechnik. Diese kommen dann teilweise doch unerwartet, der Schreck schoß uns manches Mal sehr passend zur Handlung in die Glieder. Also Achtung mit kleineren Kindern, die Empfehlung liegt hier bei 5 Jahren, ich finde das allerdings auch in Sachen „Brutalität“ der damaligen Zeit sehr fraglich. 


Nach einer 30minütigen Pause kommt langsam die Beleuchtung zur Geltung, wodurch die Atmosphäre nochmal deutlich aufgewertet wird. Dadurch wirkte der schmerzhafte Teil der Geschichte auch intensiver. Leider scheint den Dramaturgen danach etwas die Zeit ausgegangen zu sein und es kam mir vor, als müßte jetzt schnell ein Ende gefunden werden. Zwischendurch zogen sich die Handlung und die Dialoge teilweise ein wenig, am Ende brach es dafür dann ab. Etwas schwierig war es über die Entfernung zur großen Bühne teilweise, die Stimmen den Personen und Schauspielern zuzuordnen, nicht immer ging es sofort automatisch aus der Handlung hervor, wo jetzt wer spricht, ein Effekt, der sich aber wohl kaum vermeiden läßt. Teilweise sorgte das, auch durch Doppelbesetzungen und damit gleiche Stimmen, für kurzfristige Verwirrung. Die Bühne ist riesig, die Zuschauerplätze teilweise weit entfernt, aber die Reihen sind nach oben versetzt, so dass sich störende Vorderköpfe in Grenzen halten. Wer die wirklich guten Plätze haben möchte, muss sich wohl weit im Vorfeld für einen Besuch der Störtebeker Festspiele entscheiden und Karten kaufen. Am Ende braucht es dann doch viel Geduld, sofern man mit dem Auto gekommen ist. Während man im Parkplatzchaos feststeckt, hat man viel Zeit, sich über den Abend auszutauschen… 

Fazit:

Alles in allem ein wunderbarer Abend! Eine traumhafte Kulisse vor dem Großen Jasmunder Bodden, toller Bühnenbau und auch ein wirklich guter Sound bilden den Rahmen für überzeugende Schauspieler in (scheinbar?) aufwändigen Kostümen, die mit ihrer Spielfreude und Ausdrucksstärke manch Schwachstelle der Handlung überdecken. Die tierischen Schauspieler machen erstaunlich bereitwillig alles geforderte mit und tragen einen wesentlichen Teil zum Erfolg des Stückes bei. Zum Abschluß gibt es noch ein stimmungsvolles Feuerwerk, welches einen gelungenen Abend abrundet. Wer sich in der Nähe aufhält: Die Störtebeker Festspiele sind einen Besuch wert.

***

Karten kosten je nach Platzkategorie zwischen 12 und 36 Euro für einen Erwachsenen, für Kinder zwischen 4 und 15 Jahren zahlt man 8 bis 27 Euro. Je weiter vorne, desto teurer und desto bessere Sicht. Rollstuhlfahrer zahlen 12 Euro und haben extra Standplätze. Ich gestehe allerdings, nicht darauf geachtet zu haben, wo genau diese Plätze sind und wie das mit der Begleitung ist. Beim Einlaß kam es zumindest bei uns keinerlei Wartezeit, obwohl ein beständiger Zuschauersrom vorhanden war. 
Wer Kinder mitnimmt, sollte sich bewußt sein, dass es teilweise ordentlich knallt und auch ziemlich brutale Szenen (inkl. Mord) dabei sind. Kanonendonner, Feuer, Schwerter und Co. gehören fest zum Prinzip. 
Wer sich ein Sitzkissen mitbringt, sitzt bequemer und an die wettergemäße Kleidung auch für den späten (abkühlenden) Abend sollte man unbedingt denken. Für Regen ist zu beachten: Regenschirme sind verboten. 
Parkt man auf dem Parkplatz an der B96 kann man für 2 (bzw. 1) Euro pro Person mit der Bimmelbahn zur Naturbühne gondeln, ein Fußweg ist aber auch im Rahmen des Machbaren für die meisten. 

Auf dem Festspiel-Gelände gibt es ausreichend zu essen und zu trinken, man kann es sich auch in der Pause nachholen. Einen Fanartikel-Shop gibt es natürlich auch. Toiletten sind in großer Anzahl vorhanden und wir staunten, wie schnell sich auch lange Schlangen abbauten. 

Eine Frage bleibt dabei für mich (wie fast immer offen): Wer machte Ton und Licht? Wer war der Erzähler? Auch nicht unwesentliche Mitwirkende so einer Show. Aber klar, bei über 150 Mitwirkenden kann nicht jeder aufgelistet werden… Überhaupt – die Webseite und die Informationen könnten an einigen Stellen noch optimiert werden, aber das nur am Rande. 

[Ach ja: Bei diesem Beitrag handelt es sich um „Werbung“. Unbezahlt. 
Die Eintrittskarten habe ich selbst bezahlt, die Fahrtkosten habe ich selbst bezahlt, niemand hat mich dabei unterstützt.]

></p>
<div class=