Eure Kinder mögen Mathe? Ihr mögt Mathe? Nein? Keiner in der Familie mag Mathe? Damit braucht Ihr das hier auch gar nicht lesen? Da steht schließlich „Mathematikum“ in der Überschrift und das sagt doch schon alles?
Irrtum. Ja, im Mathematikum geht es um Mathe. Das merkt man aber (fast) gar nicht. Eher im Gegenteil. Manchmal fragt man sicher eher, was das überhaupt mit Mathematik zu tun hat. Keine schnöden Rechenaufgaben oder Formeln, keine komplizierten Erklärungen, Ausstellungsstücke. Das Mathematikum ist ein einziges Experimentier- und Ausprobiergebäude. Es nennt sich selbst „mathematisches Mitmach-Museum“. Wobei es auch kein Museum im klassischen deutschen Verständnis ist. Denn wirklich alles ist zum Mitmachen.
Das Mathematikum erstreckt sich über mehrere Etagen (barrierefrei, nur die ersten Stufen müssen per Treppenlift überwunden werden), oben unter dem Dach befindet sich unter anderem die Riesen-Kugelbahn, die alle halbe Stunde in Gang gesetzt wird. Die Eintrittspreise von 6,-€ für Kinder bzw. 9,-€ für Erwachsene sind absolut okay. Man kann hier locker mehrere Stunden oder auch den ganzen Tag verbringen. Je nach Interessenlage und Ausführlichkeit. Offen ist es für alle Altersstufen, für die Kleinen ab ca. 3 bis 4 Jahren gibt es oben im Dachgeschoß das Mini-Mathematikum mit altersgerechten Mitmachstationen.
Was gibt es nun im Mathematikum in Giessen zu sehen? Nur zu sehen eigentlich weniger. Nur gucken ist nämlich langweilig, wenn es doch in jeder Ecke etwas Neues zum Entdecken und Ausprobieren gibt. Am Fuße der Stufen ins Mathematikum begrüßt einen ein großer Teppich mit den Worten „Mathe macht glücklich“. Ja und tatsächlich habe ich bei unseren Mathematikum-Besuchen noch niemanden unglücklich oder schlecht gelaunt herumlaufen sehen.
Die großen und kleine Besucher bekommen auf den verschiedenen Etagen alles Mögliche rund um einfache und kompliziertere Dinge der Mathematik vermittelt, Geometrie lernt man mit Seifenblasen (der Renner: um sich selbst eine Seifenblasenhaut hochziehen), oder man verzweifelt fast daran, eine Pyramide in einen Glaswürfel zu bekommen. Wie läßt sich überhaupt eine Pyramide aus 2, 3 oder auch 4 verschiedenen Einzelteilen zusammenbauen? Unterschiedlichste Puzzle laden zum Ausprobieren und Knobeln ein.
In den unterschiedlichen Etagen gibt es jedoch viel mehr als „nur“ verschiedene Puzzle. Spiegel spielen auch eine große Rolle. Der Große, an welchem sich der „goldene Schnitt“ am eigenen Körper ersehen läßt. Die vielen anderen, zum Kopf durchstecken und sich in unterschiedlichen Formen mehrfach sehen, die kleinen Stationen, an denen sich zum Beispiel halbe Buchstaben zu ganzen spiegeln lassen. Mit welchen Buchstaben geht das überhaupt?
Die Besucher können sich selbst am Brückenbau versuchen, Kugeln auf unterschiedlich geformten Bahnen rollen lassen, dabei herausfinden, welche schneller ist und noch so vieles mehr. Es gibt mehr als 150 Exponate auf den 1200 qm des Mathematikums zu entdecken.
Im Mathematikum wird wird nahezu jede Ecke ausgenutzt, um spielerisch noch etwas Mathe zu vermitteln. Im Treppenhaus zum Beispiel finden sich an den Fensterseiten unterschiedlich geformte Handläufe, an welchen die Besucher ausprobieren können, wo ihre Hand am besten entlangleiten kann. An dem Handlauf mit Wellenform? An dem mit geradem Verlauf und Unterbrechungen?
Schon unten im Gang zwischen den einzelnen (offenen) Ausstellungsräumen sieht man begeisterte Kinder und Eltern in gebückter Haltung ihre Ohren an die Öffnungen großer, bunter, unterschiedlich langer Pfeifen halten. Wie verändert sich denn der gehörte Ton durch die Länge der Pfeife? Wann ist er höher, wann tiefer?
Veranstaltungen
Am Wochenende gibt es im Mathematikum alle 2 Stunden verschiedene ca. zehnminütige Vorführungen an einzelnen Stationen. Keine Frage: Das ist durchweg interessant und macht Lust auf mehr. Einmal im Monat gibt es eine Kindervorlesung zu einem bestimmten Thema. Diese „Vorlesung“ hält der Gründer des Mathematikums selbst, Prof. Albrecht Beutelspacher. Zum Glück dürfen die Eltern auch mit rein, so wissen sie hinterher wenigstens, was ihre Kinder mit viel Spaß gelernt haben. (Ein kleiner Hinweis an die Eltern: Es handelt sich um Vorlesungen für die Kinder, es wäre also auch nett, wenn alle Kinder und nicht nur die eigenen vorne sitzen könnten, und ihnen die Sicht nicht von Erwachsenen versperrt würde). Wer befürchtet, es könnte in diesen Kindervorlesungen etwas trocken zugehen, der irrt. Die Kinder sind mit Begeisterung dabei, raten, experimentieren und sind glücklich. Töchterchen war von ihrem zwei Kindervorlesungen bisher auf jeden Fall begeistert. Ja, ich gebe zu, sie liebt Mathe und wenn wir nicht 100 km entfernt wohnen würden, wäre sie sicher bei fast jeder Kindervorlesung dabei.
Natürlich gibt es auch diverse andere Veranstaltungen im Mathematikum, auch für Erwachsene. Daran haben wir aber noch nicht teilgenommen, deswegen kann ich davon nichts berichten.
Sonstiges
Parallel zur normalen Ausstellung finden im Mathematikum auch immer Sonderausstellungen zu einem bestimmten Thema statt. Noch bis zum 2. März 2014 ist das zum Beispiel die Ausstellung „ZEITich“. Sehr schön gemacht, natürlich auch interaktiv zum Mitmachen. Wer hätte gedacht, dass die Deutschen im Schnitt mehr Zeit mit Putzen der Wohnung etc., als mit dem Putzen von sich selbst verbringen? Und wie schnell reagiere ich, wenn zwei Stäbe von der Decke fallen?
Wer nach einem Besuch im Mathematikum Lust hat, direkt weiter zu machen, der sollte nicht vergessen, noch im Shop vorbeizugucken. Hier gibt es jede Menge Bücher, Logik- und Knobelspiele, Puzzle, T-Shirts…
Für die Pausen zwischendrin gibt es die Cafeteria mit moderaten Preisen. Hier gibt es außer Kaffee und Co. belegte Brötchen, Eis, Muffins, Brezel und andere Kleinigkeiten.
Fazit
Das Mathematikum in Gießen ist unbedingt empfehlenswert. Auch – oder vielleicht gerade – für Mathemuffel. Zu akzeptablen Eintrittspreisen kann man hier mehrere Stunden oder auch einen ganzen Tag verbringen. Unabhängig vom Alter gibt es hier jede Menge zum Mitmachen, Knobeln, Ausprobieren, Entdecken…
Das Mitmach-Museum wurde von Prof. Beutelspacher mit viel Liebe zur Mathematik gestaltet, überall ist sein Anliegen zu zeigen, dass Mathe Spaß macht, zu spüren. Alle Exponate sind trotz ihrer intensiven Benutzung in einem hervorragenden Zustand. Überall laufen Mitarbeiter herum und beantworten den Besuchern ihre Fragen, machen kurze Vorführungen etc. Das Mathematikum ist wirklich ein Spaß für die ganze Familie.
Mathematikum
Liebigstraße 8
35390 Giessen