E. George: Undank ist der Väter Lohn

Auch in diesem Roman von Elizabeth George spielen wieder Inspector Thomas Lynley und Sergeant Barbara Havers die Hauptrollen. Wer die beiden kennt wird hier überrascht feststellen müssen, daß von der bewährten Teamarbeit nichts mehr übrig ist.

Für alle anderen hier eine kurze Einführung. Lynley und Havers wurden in dem ersten Krimi der Reihe von Elizabeth George zu Partnern. Lynley ist von Haus aus gut situiert, braucht sich keine Gedanken ums Geld zu machen, sieht gut aus und ist brilliant. Havers hingegen kommt aus ärmlichen Verhältnissen, ist dick und immer ungeschickt gekleidet, fühlt sich im Grunde in ihrer eigenen Haut nicht richtig wohl. Dafür gibt sie aber oft aus dem Bauch heraus die richtigen Hinweise. Dieses ungleiche Paar muß sich nun zusammenraufen. In den Krimis geht es bei weitem nicht nur um die Fälle der beiden, sondern auch um ihre Beziehung zueinander, ihr Privatleben, ihre Probleme, Sorgen und Hoffnungen.

Mehr will ich dazu nicht sagen, das sollte jeder selbst lesen. Hier empfiehlt es sich tatsächlich mit dem ersten Band “Mein ist die Rache” anzufangen, sonst bleibt in den folgenden Bänden doch die eine oder andere Frage offen. Lesbar, spannend und interessant sind die Krimis jedoch auch in nicht-chronologischer Reihenfolge.

Auch in “Undank ist der Väter Lohn” bleibt Elizabeth George ihrem Prinzip treu, es geht nicht “nur” um einen spannenden Fall. George schreibt in einem spannenden, fesselnden Stil, der den Leser nicht losläßt. Hierzu muß ich vielleicht sagen, daß ich die Bücher nur noch auf englisch lese, da in der deutschen Übersetzung doch schon gerne mal das eine oder andere Detail fehlt. Die Autorin verflichtet die Geschichte so geschickt, daß man wirklich bis zur Lösung durch Havers, Nkata und Lynley nicht weiß, wer der Täter war und warum er es getan hat. Die Handlung baut sich immer weiter auf, verstrickt sich, neue Charaktere kommen ins Spiel, neue Möglichkeiten tun sich auf und der Leser liest je näher er dem Ende kommt umso angespannter weiter. Wehe, man wird gestört und beim Lesen unterbrochen.

Zum Inhalt des Falles: Ein berühmter Musical-Komponist begeht Selbstmord. So beginnt das Buch. Kurz darauf fragt der Leser sich, was das nun mit dem Rest der Geschichte zu tun hat. Das Thema wird schlichtweg fallengelassen. Wer Elizabeth George kennt, weiß daß dem allerdings ganz und gar nicht so ist… Der Fall beginnt mit dem Fund zweier Leichen mitten in eine uralten Steinkreis in einem unwegsamen Moor in Derbyshire. Beide Morde wurden auf unterschiedliche Art ausgeführt und die Toten scheinen nichts miteinander zu tun zu haben. Alles weitere wäre zuviel verraten.

Das Besondere an diesem Fall: Havers wurde degradiert aufgrund ihres Verhaltens in ihrem letzen Fall. Sie hat die Anweisungen einer Vorgesetzen mißachtet, was allerdings einem Kind das leben rettete. Nach monatelanger Suspendierung darf sie wieder arbeiten und denkt zunächst, daß sie dies Lynley zu verdanken hätte. Der jedoch will aus diversen Gründen nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten und holt sich Winston Nkata zur Hilfe. Da Lynley jedoch vor Ort in Derbyshire ermitteln muß, zieht Nkata in London Barbara Havers zu Rat. Die nutzt die Gelegenheit, widersetzt sich den Befehlen von Lynley und arbeitet aktiv an der Lösung mit.

Elizabeth George bleibt ihrem Stil zum Glück treu, erst etwas aufzuwerfen, was dann aber erst am Ende des Buches wieder Bedeutung erlangt. Das beschert dem Leser einen angenehmen Aha-Effekt. Man fiebert mit, wenn Havers sich auf die Suche begibt, ihren Eingebungen folgt, ihren Mund nicht halten kann und ihre Situation zu Lynley dadurch nur verschlechtert. Die Autorin schafft es eindrucksvoll, daß der Leser sich in beide Hauptfiguren hineinversetzen kann und doch nur hofft, daß sie ihre Differenzen begraben und endlich wieder das gute Team werden, was sie bisher waren. Das macht mit Sicherheit einen zusätzlichen Reiz dieses Bandes aus. Spannend geschrieben, interessant verflochten und psychologisch auch nicht zu verachten. Kurz: Elizabeth George in Bestform.

Nochmal meine persönliche Empfehlung: Wer kann, sollte die Romane von Elizabeth George im Original lesen. Bei einem direkten deutsch/englisch Vergleich fällt auf, daß den deutschen Versionen ganze Absätze fehlen, wodurch einige Lücken im Zusammenhang entstehen.