Brummbärgeschichten: Zerliebt

Brummbär und Kuschelkatze blättern im FotoalbumErinnert Ihr euch noch an meine erste Geschichte? Ist ja noch gar nicht so lange her, dass ich mich hier vorgestellt habe. Nachdem ich überlegt hatte, euch aus meinem Leben zu erzählen, haben wir hier nach Fotos gesucht. In alten Fotoalben, von denen wir gar nicht so viele haben. Aber wir haben drei Fotos gefunden, auf denen ich zu sehen bin.
Nachdem meine beiden Mädchen heute Morgen weg waren, haben Mohrle und ich uns diese Fotoalben geschnappt. Am Anfang sagte ich, gegen Mohrle sehe ich noch richtig jung und frisch aus. Das finde ich auch immer noch. Aber nun stellt euch mal vor, was Mohrle heute Morgen zu mir sagte!
„Hey du alter Brummbär. Von wegen du siehst noch so jung und frisch aus. Guck dich doch mal an.“ Ich sah an mir herunter. Guckte mich von oben und von unten an, betrachtete meine Tatzen. „Ja und?“, fragte ich.
„Najaaa“, sagte Mohrle. „Guck dir mal dein Fell an. Du bist auch schon ganz schön abgewetzt.“
Ich hab mich noch mal von oben bis unten ganz genau angeguckt. Ich finde mich gar nicht so zerzaust. Mohrle fing an zu kichern. „Jaja du alter Brummbär,“, meinte sie. „Bei sich selbst merkt man nicht wie man immer älter wird.“ Ich verstand gar nicht, was sie mir damit sagen wollte. Wieso älter wird? Kuscheltiere werden doch nie älter.
Dann guckte ich mir Mohrle noch einmal an. Ich lächelte. Meiner kleinen Katzenfreundin sieht man wirklich deutlich ihre Jahre an. Man sieht ihr an, wie sehr unser großes Mädchen sie geliebt hat, wie viele Stunden sie im Arm gehalten wurde, wie viele Nächte sie platt gekuschelt wurde. Und jetzt sagt Mohrle zu mir, mir sieht man das auch an? Ich weiß nicht. Ich bin noch noch viel frischer als als sie. Außerdem musste ich ja auch viel öfter zu Hause bleiben, weil ich so groß bin. Meine Mädchen können mich nicht einfach so im Arm überall hin mitnehmen, wie es mit der kleinen Katze geht. Schon deshalb bin ich doch noch viel jünger.
Mohrle lächelte mich liebevoll an, sie zeigte mit ihrer kleinen Pfote auf die Fotos. „Ach Brummbär“, maunzte sie. „Guck dir mal dein Fell an. Es ist ganz abgenutzt. Sieh mal, auf dem Foto da ist es noch viel flauschiger. Es glänzt noch richtig. Und jetzt ist dein Fell auch stumpf und zottelig.“
Ich nahm die Fotos und guckte sie mir noch einmal genauer an. Dann betrachtete ich wieder mein Fell. Da dachte ich, Mohrle hat wohl recht. Auch mein Fell ist in die Jahre gekommen. Auch meinem Fell sieht man an, wie viel mit mir gekuschelt wurde. Und ich dachte immer, nur meine Nase fehlt. Wieder lächelte Mohrle mich an. Ich lächelte zurück. Wir kuschelten uns aneinander. Mohrle sagte: „Weißt du was, alter Brummbär? Dünn geworden bist du auch. Du hast ganz schön abgenommen in all den Jahren.“
Bei diesem Satz musste ich ein wenig grinsen. Denn auch Mohrle ist auf einem Foto mit drauf. Und wieder muss ich feststellen: Gegen Mohrle sehe ich noch jung und frisch aus. Und trotzdem mag ich meine Kuschelkatzenfreundin ganz genauso wie sie ist. Mit all ihren Spuren des Geliebtwerdens. Was gibt es für ein Kuscheltier Schöneres, als stumpfes, löchriges Fell, als ganz dünn und zerdrückt zu sein?
Mohrle und ich, die wir beide bald vierzig Jahre bei unseren Mädchen sind, sind uns einig: Je abgenutzer ein Kuscheltier aussieht, um so mehr wurde es geliebt und gebraucht. Und genau dafür sind wir schließlich auf der Welt. Das ist gut so!